Ist New Work nur ein Hype?

Ist New Work nur ein Hype?

Lesezeit: 2min

Hi,

Alle Welt spricht von ‘New Work’. Konzerne, Start-Ups und Unternehmensberatungen – alle wollen die Arbeit scheinbar neu erfinden. Aber: worum geht es ihnen wirklich? Und – handelt es sich um eine Blase, die irgendwann platzt – oder um einen nachhaltigen Shift?

Auf dich bezogen – solltest du dich früher oder später auch mit New Work auseinandersetzen, oder kannst du den Trend vorbeiziehen lassen, bis alles wieder normal ist?

Hier meine Überzeugung:

New Work wird nicht verschwinden. Aber die Firmen, die sich dagegen wehren, werden früher oder später eingehen.

Was ist New Work eigentlich?

Streng genommen ist “Neue Arbeit” gar keine Weiterentwicklung oder Neuerfindung. Sondern, im Kern, eine Rückbesinnung auf die Frage, wie “Arbeit” eigentlich sein sollte, wenn wir alle heutigen Erkenntnisse aus der Psychologie, Soziologie und Motivationsforschung zugrunde legen. Doch machen wir erst nochmal einen Schritt zurück.

“Old Work” – wo wir herkommen

Historisch gesehen ist Arbeit ein ganz schön düsteres Kapitel der Menschheitsgeschichte. Noch vor wenigen hundert Jahren haben wir uns in Klassen und Kasten eingeteilt – und auch die Berufswelt war stark segmentiert. Die Einen hatten das Sagen (oft qua ihrer Abstammung), die Anderen waren praktisch Sklaven.

Es ist auch noch gar nicht lange her (um das Jahr 1900), dass ein gewisser Frederik Taylor Weltbekanntheit durch seine “Modernisierung” von Arbeitsabläufen, vor allem in Fabriken, erlangte. Er war strikt gegen ein Mitdenken des Einzelnen, sondern wollte stattdessen jede Bewegung und jede Handlung der Arbeiter:innen exakt vorschreiben – der Effizienz zuliebe. Betriebe rund um die Welt übernahmen rasch seine Ansätze – so sehr, dass sie gar bis heute die Grundlage des modernen Top-Down Managements bilden.

Die Kernthesen damals (wie heute):

  • Arbeitnehmer:innen sind im Grunde demotiviert und haben wenig Interesse an guten Firmenergebnissen
  • Je mehr sie eigenwillig entscheiden dürfen, desto schlechter der Output
  • Je starrer und detaillierter die Vorgaben, desto besser für das Unternehmen
  • Für effektive Zusammenarbeit braucht es Aufseher und Anführer, die das Denken übernehmen und Befehle erteilen

Status Quo: Wo hat uns das hingeführt?

Zugegeben – ganz so schlimm wie damals geht es uns heute nicht mehr. Und dennoch – das Menschenbild, das den meisten Hierarchien und Organisationsformen zugrunde liegt, unterscheidet sich nicht gewaltig vom “Taylorismus”.

Mit erschreckenden Ergebnissen für Menschen und Firmen:

  • Über 80% der Mitarbeitenden empfindet heute keine emotionale Bindung zum Arbeitgeber (mehr als 20% haben “innerlich gekündigt”). Gerade einmal jede:r Fünfte brennt für die eigene Arbeit.
  • Arbeit macht viele Menschen krank. Depressionen, Burn-Out und chronische Rückenschmerzen – die Zahl der berufsbedingten Ausfälle ist enorm, und auf einem Allzeit-Hoch.
  • Firmen geben Unsummen für die Besetzung neuer Stellen per Headhunter und für Employer Branding aus – und kämpfen dennoch unter hoher Fluktuation und Mitarbeitenden, die ihnen wegrennen.

“New Work” im größeren Kontext gesehen

Die Welt befindet sich im Wandel. Gesellschaften werden, zum Glück, immer toleranter und progressiver. Von Generation zu Generation wird die Akzeptanz Andersdenkender größer, Menschen hinterfragen alte Konventionen stärker, und Menschenrechte gewinnen immer mehr an Bedeutung. Von der weltweiten LGBTQ+ Bewegung über Umwelt-Aktivismus und Aufstände gegen Diktatoren – die Generation Y und erst recht ‘Gen Z’ wollen mehr als nur Essen auf dem Tisch und ein hübsches Auto vor der Tür. Sie wollen Purpose, Gerechtigkeit und Zwischenmenschlichkeit.

Und all das geht an der Arbeitswelt nicht spurlos vorbei. Sondern prägt sie mit.

Ein gesellschaftlicher Trend, der die „Demokratisierung“ schön veranschaulicht: die Wochenarbeitszeit, hier gezeigt am Beispiel Deutschland von 1870 bis 1990:

New Work wird bleiben – und das ist gut so

Firmen müssen sich anpassen – und ihr altes Menschenbild langsam, aber sicher, verwerfen. Denn, so viel wissen wir heute:

1. Motivation: Wir Menschen wollen, unter den richtigen Bedingungen und wenn wir richtig behandelt werden, Impact haben. Wir wollen uns weiterentwickeln, anderen Menschen helfen und tolle Leistung erbringen.

Dazu brauchen wir gerade keine Aufseher und Machthaber, die uns vorschreiben, wie wir arbeiten sollen – sondern Freiraum und Vertrauen.

2. Authentizität: Wir wollen im Berufsumfeld keine Maske tragen und unsere Gefühle zuhause lassen – sondern uns ganzheitlich einbringen dürfen. Das Berufsleben lässt sich nicht strikt vom Rest unseres Lebens abschotten – daher wollen wir auch nicht tagsüber nur eine “professionelle”, aber unauthentische Rolle spielen.

3. Sinnhaftigkeit: Wir alle brauchen einen tieferen Sinn, einen Purpose in unserem Tun, um richtig aufzublühen. Firmen, die eine starke Vision ausrufen und ernsthaft verfolgen, werden es viel leichter haben.

4. Fairness: Wir sehnen uns tief in uns drinnen danach, fair behandelt zu werden – und werden uns immer weniger mit Chefs und Firmen abfinden, die dagegen verstoßen.

Die Demokratisierung der Arbeit ist alternativlos. Firmen, die sich früh darauf einstellen, können davon enorm profitieren. Und für die Dinosaurier ist endlich die Zeit gekommen, in den Geschichtsbüchern Platz zu nehmen.

Was es für dich heißt: wenn du auf der Suche nach einem neuen Job bist, bietet “New Work” dir die Chance auf echte Erfüllung und Zufriedenheit. Vorausgesetzt, du schielst nach Firmen, die es ernst meinen.

Was “New Work” ganz konkret im Arbeitsalltag bedeutet, schauen wir uns im nächsten Purpose-Letter an.

Bis dahin!

Herzlichst,

Steffen

TL;DR

  • New Work ist mehr als nur ein Hype
  • Genauso wie Gesellschaften sich wandeln und Stück für Stück menschlicher und fairer werden, vollzieht sich auch im Berufskontext eine Demokratisierung der Arbeit
  • Firmen, die sich früh und ernsthaft auf New Work Transformation einlassen, werden als Gewinner hervorgehen
  • Das alles bietet dir einmalige Chancen, eine Arbeit zu finden, die dich  erfüllt und einen tiefen Sinn stiftet