
Die unsichtbare Macht, die dich zurückhält
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Hi,
Heute geht es darum, was dir wichtiger ist – deine eigenen Werte, oder Menschen, die dir nahestehen.
Vor Kurzem erzählte mir eine Freundin eine Story, die mich triggerte. Sie war mit ihrem Freund zu einer Städtereise aufgebrochen. Am zweiten Tag nahmen sie beide ein Taxi, um zurück zum Hotel zu fahren. Der Taxi-Fahrer war nicht der netteste (kann mal passieren). Darüber regte sich ihr Freund mächtig auf. So mächtig, dass er langsam einen Streit mit ihm anfing. Anfangs noch halbwegs zivilisiert, dann lauter und lauter. Irgendwann beleidigte er den Fahrer offen, und wurde richtig aggressiv.
Sie schämte sich dabei in Grund und Boden. Das Verhalten ihres Partners fand sie unfassbar peinlich. Und wie verhielt sie sich die ganze Zeit über? Blieb mucksmäuschenstill. Sie griff nicht ein, sondern stand zu ihm. Schließlich war es ja ihr Partner.
Als sie mir das erzählte, dachte ich nur: “Ja … und?!”
Blut ist dicker als Wasser – oder etwa nicht?
Vor einiger Zeit war es völlig normal, dass wir “Familie” über alles stellten. Dass Verwandtschaft trumpft. Und auch heute herrscht in vielen Kulturen und Ländern noch eine “Vetternwirtschaft”, wo diejenigen bevorzugt werden, die einem nahe sind. Eine Stelle soll besetzt werden, und neben anonymen Bewerber:innen gibt es jemand, die oder der den Chef persönlich kennt? Zack, eingestellt.
Davon sind wir erfreulicherweise ziemlich weit weg. Und das ist auch gut so – denn “Vitamin B” ist höchst unfair. Statt Beziehungsgrad zählen heute Talent und Eignung – was es für alle gerechter macht.
Aber was, wenn es neben dem Offensichtlichen noch eine unsichtbare Macht gibt?
Wie deine Eltern heute noch dein Leben steuern
Sind wir einmal erwachsen und von daheim ausgezogen, dann treffen wir unsere eigenen Entscheidungen. Und Leben so, wie wir es für richtig halten. Stimmt’s?
Pustekuchen.
Ich kenne zahlreiche Menschen, deren Eltern nicht gerade die besten Role-Models für sie sind. Die ihnen in Wirklichkeit nicht guttun. Die sie nicht darin ermutigen, ihr eigenes Leben zu leben, und schon gar nicht, ihre Träume zu verfolgen.
Vater oder Mutter meinen häufig, sie wüssten besser, wie ihre erwachsenen Kinder zu leben haben. Anstatt Mut zu machen, säen sie Angst, anstatt Sparringspartner zu sein, wenn sie nach ihrer Meinung gefragt werden, sind sie ungefragter Berater.
Das Problem? Wir hinterfragen nahestehende Menschen häufig nicht – zumindest verhalten wir uns nicht so. Insgeheim sehnen wir uns ein Leben lang nach deren Anerkennung und Zustimmung. So wie im Beispiel mit dem Taxi-Fahrer stellen wir die “Verwandtschaft” über alles. Sogar über unsere eigenen Werte, unseren moralischen Kompass. Mit teils gravierenden Folgen.
Wer oder was ist dir wirklich wichtig?
Ich kenne das am eigenen Leib. Vor 15 Jahren habe ich eine heftige Krise gehabt. Auslöser: ein Konflikt mit meinen Eltern, den ich mich jahrelang nicht traute, anzugehen. Ich folgte daher still und heimlich ihren Vorstellungen, um ihre Anerkennung zu bekommen.
Nachdem meine Psyche rebelliert hatte, musste ich handeln. Seither habe ich alles versucht, um eine gesunde Beziehung mit ihnen zu schaffen, die in erster Linie einmal mir guttut. Familientherapie, Mediation, Aussprache und jahrelange E-Mail-Konversationen. So wie ich als Erwachsener behandelt werden möchte, mit echter Wertschätzung für meine eigenen Entscheidungen, können sie es leider nicht. Daher entschied ich mich für Plan B.
Ja, ich wünsche mir eine echte Beziehung zu ihnen. Aber noch wichtiger ist mir, selbstbestimmt mein eigenes Leben zu leben. Meine Träume zu verfolgen. Für mich selbst zu sorgen.
Eine Reflexionsfrage zum Abschluss
Welcher Mensch in deinem Umfeld verletzt deine eigenen Werte – und hält dich davon ab, ganz du selbst zu sein?
In diesem Sinne – bis nächsten Samstag.
Herzliche Grüße
Steffen
TL;DR
Manchmal handeln wir nicht nach unseren „echten“ Werten – aus Loyalität oder Verbundenheit mit anderen Menschen
Stell dir die Frage, was dir wichtiger ist: du selbst und deine eigenen Werte, oder die „Nähe“ zu jemand anderem